Massenflucht aus Berg-Karabach
Im Leuchtturm-Zentrum von Diaconia in Charentsavan werden Flüchtlinge mit Decken, Esswaren und Medikamenten versorgt.
Diese vier Frauen wurden aus Berg-Karabach vertrieben. Auf der Flucht starb der Ehemann der jungen Mutter (dritte von links). Vorübergehend werden sie alle in einer Mietwohnung untergebracht und betreut.
Es kommen jeden Tag 15-30 Flüchtlinge zu uns, um Hilfsgüter abzuholen.
Der Bedarf an Decken, Lebensmittel und Heizgeräte ist gross.
Im Zentrum "Leuchtturm" von Diaconia in Charentsavan wird alles liebevoll vorbereitet.
Die begünstigten Familien bedanken sich für die wertvolle und praktische Unterstützung.
Die Not bleibt bestehen
Zur Zeit unterstützt Diaconia Internationale Hilfe unter der Leitung von Sargis Svaryan monatlich über 320 Flüchtlingsfamilien. Der Bedarf an Hilfsgütern ist enorm. Gerne nehmen wir weiterhin Ihre Geldspende entgegen.
Herzlichen Dank.
Die Arbeit unter den Flüchtlingen aus Berg-Karabach hat sich in den vergangen Tagen verdoppelt. Es kommen jeden Tag zwischen 15 und 30 neue Personen und bitten um Hilfe. Im Moment übergeben wir hauptsächlich Elektroheizungen, warme Decken und Kleider.
Inzwischen durften wir bereits an über 250 Flüchtlingen Winterdecken, Kissen, Bettwäsche und Lebensmittel verteilen.
Diaconia Internationale Hilfe ist in verschiedenen Städten und Dörfern Armeniens tätig.
Als im Jahr 2020 Aserbaidschan die Armenier, die in Berg Karabach wohnten, kriegerisch überfielen, zogen einige ins Mutterland Armenien, um das Leben ihrer Familien zu retten. Doch nach dem Waffenstillstand und der Stationierung russischer Friedenstruppen, kehrten sie in ihre Häuser zurück, um wieder dort zu leben, zu arbeiten und ihre Gärten zu bewirtschaften.
Doch unerwartet schloss Aserbaidschan die einzige Verbindungsstrasse aus dem gebirgigen Berg Karabach nach Armenien, den Latschin-Korridor. Dies kesselte die Bewohner ein. Volle neun Monate lang bestand diese Blockade. Abgeschnitten von der Aussenwelt kam zu wenig Nahrung herein, es fehlte an Gas und Strom. Patienten starben wegen Mangel an medizinischer Versorgung. Eltern verzichteten auf ihr karges Essen, um es ihren Kindern zu geben. Es gab Dutzende Hungertote, darunter auch Kinder.
Anstelle zu helfen, griffen die aserbaidschanischen Streitkräfte am 19. und 20. September 2023 die Zivilbevölkerung mit Raketen und Artillerie an. Hunderte starben, andere verbrachten mehrere Tage hungernd in Kellern und anderen Unterkünften. Das feindliche Militär marschierte in die Hauptstadt Stepanakert ein, und die Zwangsdeportation der Armenier aus Berg Karabach begann. Dazu wurde der Latschin-Korridor geöffnet, allerdings mit mehreren Kontrollposten, was die Fahrt auf ein Vielfaches verlängerte. Und manch ein Vater oder Sohn wurde herausgefischt. Die Familie musste ohne ihren Ernährer weiterfahren.
Da niemand mehr Benzin im Auto hatte, stauten sich Hunderte von Autos vor der grossen Tankstelle, um ihre Wagen aufzutanken. Da geschah das Ungeheuerliche: Die Tankstelle explodierte! Das Feuer breitete sich rasend schnell aus. Menschen verbrannten innerhalb Minuten zu Asche. Über 200 Personen fanden auf diese Weise den Tod. Viele hundert erlitten Brandverletzungen.
Des Leides noch nicht genug. Die armenische Bevölkerung wurde regelrecht vertrieben, sie wurden gewaltsam aus ihren Häusern gejagt, konnten kaum etwas mitnehmen, liessen Hab und Gut und Tiere zurück. Innerhalb weniger Tage gelangten etwa 105'000 Menschen nach Armenien. Die meisten fanden eine Unterkunft in den Regionen Ararat, Armavir oder Kotayk, wo das internationale Hilfswerk Diaconia tätig ist. Die Leute wurden in Lagern, Turnhallen oder anderen Notunterkünften untergebracht.
Vom ersten Tag an begann Diaconia mit der Bereitstellung von Sozialhilfe. Mit den gespendeten Mitteln werden vertriebene Familien mit Lebensmitteln, Medikamenten, Betten, Bettzeug, Kleidung, Haushaltswaren, Hygieneartikeln und Schulmaterial versorgt. Für einige bezahlt Diaconia auch die Wohnungsmieten, organisiert Aktivitäten für Kinder. Fast alle unterstützten Familien haben ein Mitglied durch Krieg oder Feuer verloren. Die Zahl der Bedürftigen ist sehr gross, doch wir tun unser Bestes, um so vielen wie möglich zu helfen. Da der Winter vor der Tür steht und die Familien ihre Häuser heizen müssen, versuchen wir, einen Teil davon mit Brennholz zu versorgen oder nach Möglichkeit die Rechnungen der Versorgungsunternehmen zu bezahlen.
Die Empfänger all dieser Hilfen sowie die Mitarbeiter unseres Hilfswerkes Diaconia sind äusserst dankbar dafür, dass Sie Armeniern in dieser schwierigen Zeit beistehen. Gott segne Sie!
Dank Ihrer Hilfe ist Diaconia in der Lage, Flüchtlingen in der Auffangstation von Armavir erste Hilfe zu leisten.
Schulgebäude in Armavir dient als Auffangstation
Viele Menschen kamen hier an ohne Gepäck und ohne Pässe
Pastor Sargis Svaryan betreut die Menschen vor Ort
Esswaren werden in Plastiktaschen vorbereitet
Bettenlager in Flüchtlingszentrum
Warme Decken stehen zur Verfügung
Lebensmittel werden in diversen Sammelstellen gesammelt
Hygieneartikel sind besonders gefragt
Diese Witfrau hat alles verloren
Die Flüchtlingskinder werden von Sargis betreut
Am Donnerstag, 28. September 2023, zeigte das Schweizer Fernsehen einen Bericht über die Massenflucht aus Berg-Karabach und schätzt die Zahl auf 75'000, die nach Armenien geflohen sind. Doch es werden täglich mehr. Nur zwei Tage später sollen es schon über 100'000 gewesen sein!
In Armenien verfügen wir von Diaconia über ein gutes Team von Mitarbeitenden und ehrenamtlichen Helfern, die jetzt alles tun, um den vielen Müttern mit ihren Kindern auf der Flucht zu helfen.
Unser Diaconia-Mitarbeiter Sargis Svaryan schrieb uns am 28. September:
Mehrere zehntausend Armenier wurden bis jetzt aus Karabach vertrieben. Gestern besuchte ich die Stadt Armavir, wo viele Familien in der Schule übernachten konnten. Sie hatten Hunger, Durst, keine Medikamente und waren verzweifelt. Die meisten hatten nicht einmal einen persönlichen Ausweis dabei.
Alle Männer, die an militärischen Operationen teilgenommen hatten und auf den Listen der Aserbaidschaner stehen, werden bei der Durchfahrt durch den Latschin-Korridor verhaftet. Politische Führer und hochrangige Militäroffiziere werden ebenfalls verhaftet.
In diesen Tagen und Wochen ist Armenien dringend auf unsere Hilfe angewiesen.
Ausschnitte aus einem Bericht in der Aargauer Zeitung
von Freitag, 29. September 2023:
Die international nicht anerkannte «Republik Arzach» soll zum 1. Januar 2024 aufgelöst werden. Damit verschwindet das armenisch bewohnte Berg-Karabach von der Landkarte.
Wie es nun weitergeht, ist unklar. Die Informationslage ist auch deshalb so dünn, weil es nach wie vor keine Erlaubnis für eine internationale Beobachtermission gibt. Schon seit Dezember 2022, als Aserbaidschan Berg-Karabach durch eine Blockade von der Aussenwelt abschnitt, war für Journalisten und Hilfsorganisationen – mit Ausnahme des Roten Kreuzes – die Einreise unmöglich.
Auch gestern ging die Flucht Tausender Karabach-Armenier nach Armenien weiter. Bilder zeigen lange Staus über die Gebirgsstrasse, den Latschin-Korridor. Berichtet wird von oftmals deutlich über 20 Stunden Fahrtdauer in die armenische Kleinstadt Goris, die zur ersten Anlaufstelle für viele Geflüchtete wird. Normalerweise dauert die Fahrt nur zwei Stunden.
Lage in Berg-Karabach eskaliert
Bericht unseres Leiters Sargis Svaryan aus Armenien über die aktuelle Situation
Mit schwerem Herzen teile ich diese Information mit dem Aufruf zum Gebet.
Was zurzeit in Berg-Karabach passiert, ist schrecklich und grausam.
Am 19. September 2023 um 13.00 Uhr begannen die aserbaidschanischen Streitkräfte mit intensivem Raketen- und Artilleriebeschuss auf die armenischen Dörfer in Berg-Karabach. Die 120'000 hungernden und dort lebenden Armenier, die seit fast einem Jahr unter der aserbaidschanischen Blockade eingeschlossen sind, wurden bombardiert. Wohnhäuser, Schulen und Kindergärten wurden während des Schulunterrichts unter Beschuss genommen. Auch die Mobilfunkverbindungen und die Stromversorgung wurde um die Hauptstadt Stepanakert unterbrochen. Es kam zu Verwirrungen. Hunderte von Menschen wurden getötet, darunter auch Kinder. Weiter gelten Tausende als vermisst. Die Zahl der Verwundeten übersteigt die Kapazität der Krankenhäuser.
Nach neuesten Angaben haben die aserbaidschanischen Streitkräfte die Armenier in Berg-Karabach inzwischen vollständig unter ihre Kontrolle gebracht Die Behörden haben beschlossen, den dort lebenden Frauen und Kindern die Ausreise zu ermöglichen und in die Republik Armenien zu flüchten. Den Männern wird diese Aussicht jedoch verweigert, um sich an ihnen zu rächen. Das Ziel Aserbaidschans ist es, Berg-Karabach ethnisch zu säubern.
Im Moment wissen wir nicht, wie sich die Situation weiterentwickeln wird.
Bitte beten Sie für politische Lösungen des Konfliktes und für die leidgeprüfte armenischen Bevölkerung.
Bevorstehende Flüchtlingswelle
Laut Sargis Svaryan werden in Kürze Zehntausende von Frauen mit ihren Kindern von Berg-Karabach in die Republik Armenien flüchten. Wir erwarten eine grosse Flüchtlingswelle.
Das armenische Zentrum «Leuchtturm» von Diaconia in Charentsavan bereitet sich auf diese Notsituation vor. Es werden Notunterkünfte organisiert und vor allem Decken, Matratzen, Lebensmittel, Hygiene-Artikel sowie Medikamente benötigt.
Diaconia Internationale Hilfe hat bereits ein Spendenkonto für diese Flüchtlinge eingerichtet. Herzlichen Dank für Ihre Anteilnahme und Ihre Gebete!
Unsere Kontonummer lautet: CH74 0900 0000 5000 9977 4
Projekt Nummer: 8071 Berg-Karabach Flüchtlinge
Ihr Diaconia -Team
Mit Ihrer Spende unterstützen Sie die Arbeit unseres Teams in Armenien.
Herzlichen dank für Ihre Unterstützung!